mes chers
„Vive la qualité“, oder mit anderen Worten gesagt: „Klasse statt Masse!“ Wohin das Auge schaut, überall an den Schaufenstern steht es in grossen Lettern: SALE. Sich im Ausverkauf einzudecken, ist überhaupt keine Schande, im Gegenteil, wer hier mit geschärften Sinnen auf die Pirsch geht, kann sich doch so manch tolles Schnäppchen ergattern. Und genau zu diesem Thema gab es vor einigen Monaten einen Artikel in der Pendlerzeitung 20 Minuten, welcher mich derartig erboste, dass ich mich gezwungen sah, dazu einen Kommentar zu veröffentlichen. Diese Worte sind in Momenten des Ausverkaufs aktueller denn je und ich denke, dass es sich lohnt, diese nochmal Revue passieren zu lassen.
„Primark soll in die Schweiz kommen, fordern 4 Wirtschaftsstudenten aus Bern. Der Billigst-Kleiderdiscounter soll nun endlich in die Schweiz kommen und die Lust am Powershopping zum Dumpingpreis vollends befriedigen. Kann das gut sein? Werden da Fragen in punkto Ethik und Qualität berücksichtigt? Laut Recherche auf der von den Initianten eigens lancierten Facebookseite, welche mittlerweile eine beachtliche Fangemeinde von mehr als 13 000 Anhänger verzeichnet, soll ein besonderes Augenmerk auf die deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Produktion gelegt werden. Da stellt sich doch die Frage, ob denn das überhaupt realisierbar ist, und wenn ja, zu welchem Preis? Werden die Schnäppchenjäger,wie sie in 20 Minuten beschrieben werden, auch bereit sein, das Mehr an Geld aufzuwenden, damit überhaupt eine Fairness bei den Arbeitsbedingungen stattfinden kann? Wie sieht da konkret die Verwirklichung aus und inwieweit ist es realistisch, dass eine Billigladenkette überhaupt Interesse daran hat, in der Schweiz revolutioniert zu werden?
Die Tatsache, dass Menschen, die Billigware präferieren, als Schnäppchenjäger klassifiziert werden, lässt einen kurz den Atem stocken. Wie kann ein Produkt, welches niedrigste Qualitätsansprüche befriedigt, denn ein Schnäppchen sein? Ist ein Schnäppchen nicht etwas, das einen bestimmten Preis hat und nun just in diesem Moment besonders erschwinglich ist, sei es im Schlussverkauf oder bei einer Liquidation? Und wo liegt der Unterschied zwischen günstig und billig?Bereits vor zig Jahren erkannte man, dass wer billig kauft, der kaufe zweimal ein.
Also was genau haben die Herren sich dabei gedacht, Primark in die Schweiz zu holen? Sollten wir nicht wieder einmal mehr zuerst ein wenig nachdenken, bevor wir es super finden, dass dieser Laden in die Schweiz kommt? Ist es der Anhängerschaft dieser Facebookseite schlicht und ergreifend egal, ob die Verarbeitung mangelhaft ist, die Materialqualität und die Lohnkosten tief sind? Und wie es bereits Jeroen van Rooijen prägnant bemerkte, geht es uns in der Schweiz nun wirklich nicht so schlecht, dass wir noch so einen Billigladen brauchen. Und um es auf den Punkt zu bringen, was hätte es für Auswirkungen auf unsere Wirtschaft? Wie würden hierzulande die Verkäufer arbeiten müssen?
Fragen über Fragen, die es lohnt, jeder für sich einmal selbst zu beantworten.“
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